holger meyer architektur


Martin Schapfeld, Detlev Reichelt und Patricia Manea über ihre Arbeit bei holger meyer architektur

Interviews: Lars Oliver Stapler
Fotos: Robertino Nikolic


Wie wir denken. Wir wir arbeiten. Wie wir ticken.


Martin Schapfeld, Jahrgang 1960, studierte Architektur an der TU Darmstadt und ist eines der Urgesteine bei hma. Bereits 1997 trat er als Projektleiter bei der damaligen Seifert Planung GmbH in Darmstadt ein, in der Holger Meyer seit 1990 Partner war und aus der das heutige Büro hervorgegangen ist. Zuvor war der Nordrhein-Westfale als projektleitender Architekt in unterschiedlichen Büros in Deutschland tätig. Heute führt Martin Schapfeld zusammen mit Holger Meyer und Gregor Gutscher als Geschäftsführer das Unternehmen und leitet den „operativen Bereich“ von hma. Darüber hinaus ist er gesamthaft für die Bereiche Organisation, Innovation, Vertrags- und Qualitätsmanagement verantwortlich und somit der zentrale Stratege in Sachen Organisationsund Innovationsmanagement.


 

Martin, Du hast in der Vorbereitung zu unserem Gespräch scherzhaft gemeint, Du arbeitest daran, dass „Architekturbüro nicht gleich Chaos“ ist. Du führst mit Deiner Arbeit bei hma das Unternehmen auf vielfältige Weise in die Zukunft. Wird’s da nicht mal chaotisch?
Martin Schapfeld (MS): (lacht) Naja, das will ich nicht ausschließen, aber nicht jedes Chaos ist ein kreatives Chaos. Das kreative Chaos ist ja eine gern gebrauchte Umschreibung der Arbeitsumgebung von Architekten. Wir müssen da aber die Bereiche trennen. Wir schaffen mit Arbeitsstrukturen Ordnung, um Raum für Kreativität in der Planung zu schaffen. Hinzu kommt, dass wir immer kürzere Planungszeiten zu bewältigen haben. Daher ist es essenziell, dass wir unseren Mitarbeitenden effiziente Strukturen, Standards und Routinen für die Erledigung des technischen und organisatorischen Teils der Arbeit an die Hand geben, damit sie mehr Raum für die wirklich kreativen Prozesse haben. Denn am Ende sind das ja diese kreativen Prozesse, die uns als Architekten innovativ machen.

Wie sichert ihr bei so vielen Mitarbeitern und Projekten die Qualität?
MS: Das ist eine klare Führungsaufgabe, im Team und auch in der Geschäftsführung. Eine klare Kommunikation, grundlegende Vorgaben wie effizientes Wissensmanagement, integrierte Fortbildungen oder einfach handhabbare Tools. Das spart den Kolleginnen und Kollegen täglich die Zeit ein, die uns am Ende in vielfältiger Weise wieder zugutekommt. Zum einen steigere ich die Effizienz in der Bearbeitung des einzelnen Projekts, gewinne Zeit – für mehr Kreativität, Innovation, Zufriedenheit in den Teams – sichere zum anderen aber auch den wirtschaftlichen Erfolg.

Wie setzt ihr das um?
MS: Wir verfolgen eine Strategie der flexiblen Standards, die drei Bereiche umfasst: Optimierung der Projektarbeit, um Freiräume zu generieren, ein wirksames Controlling im Projekt und im Unternehmen sowie die Sicherung unserer Strukturen durch Qualifizierung. Dazu kommen weitere Maßnahmen in angegliederten Strukturen, wie BIM oder aktuell aus der ESG-Debatte. In den Projekten schauen wir zuerst, wie man die Aufgaben effizient erledigen kann. Das machen wir über alle Leistungsphasen hinweg. Wo muss ich Zeit investieren und eine gute Lösung für die Aufgabe finden und wo kann ich das schnell und sauber aus unseren Standards abrufen? Wir vereinen in unserem Büro das Wissen von über 100 Spezialisten, das ist eine riesige Ressource, und wir müssen und wollen dafür Sorge tragen, dass wir dieses Wissen durch geeignete Tools allen Mitarbeitenden zur Verfügung stellen können. In der Einführung eines effizienten Wissensmanagements liegt zurzeit intern auch die größte Herausforderung. Wie mache ich das Wissen meiner Mitarbeiter allen zugänglich, ohne dass ich die Hydra einer Objekt- bzw. Datenbibliothek mit unermesslichem Aufwand implementiere. Wichtig ist ja für das Projekt, dass da nicht irgendwas blind kopiert, sondern die Verwendung kritisch hinterfragt wird. Daher wollen wir mit einem digitalen Katalog arbeiten, in dem nur Lösungen gezeigt werden, die erprobt und intern von unseren erfahrenen und verantwortlichen Mitarbeitern qualitativ geprüft und freigegeben sind. Diese Lösungen werden dann auch laufend an neue Richtlinien und Normen angepasst.

Wo liegt der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg?
MS: In unseren Projektteams arbeiten wir in geregelten Kommunikationsstrukturen. Das sind unsere projektinternen Leitplanken, damit der regelmäßige Austausch sowohl intern als auch extern funktioniert. So können wir bei unseren komplexen Projekten frühzeitig Probleme identifizieren und gegensteuern. Zum anderen setzen wir auf ein projektbegleitendes Controlling, das uns Probleme im Planungsprozess frühzeitig erkennen lässt. Wir haben definierte Zwischenziele im Projekt und arbeiten diese an Checklisten ab, um die architektonische Qualität, aber auch unsere Kosten und Termine im Griff zu haben. So können wir frühzeitig erkennen, wenn etwas schiefläuft. Das ist ein ständiger SOLL/IST-Abgleich. Dieses Gerüst haben wir so schon in unserer EDV- und Projektstruktur angelegt – das macht es uns leichter, unsere Projekte in der Bearbeitung auch wirtschaftlich zu analysieren. Wir haben zusätzlich ein übergeordnetes wirtschaftliches Controlling aufgesetzt und wollen in Zukunft die Projektdaten noch differenzierter auswerten. Aus der Analyse unserer bearbeiteten Projekte können wir dann zukünftig noch besser Aussagen über wiederkehrende Schwächen, aber auch Stärken, treffen und unsere internen Prozesse weiter optimieren, um noch effizienter und zielgerichteter zu arbeiten oder Fehler gar nicht erst entstehen zu lassen, was im Endeffekt wieder mehr Zeit für Kreativität und Innovation in die Teams bringt. Bleibt noch das Thema Qualifizierung und auch der Fachkräftemangel ist da ein weiteres Stichwort.

„NICHT JEDES CHAOS IST KREATIV“

MARTIN SCHAPFELD


Wie begegnet ihr der momentan größten Herausforderung der Branche?
MS: Flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit, bei Bedarf und wenn die jeweilige Aufgabe es erlaubt, von daheim zu arbeiten oder auch einfach seinen Hund mit ins Büro bringen zu können, sind heute genauso wichtig wie die Möglichkeiten des Austauschs und der eigenen Weiterbildung. Um auf dem leergefegten Arbeitsmarkt nicht viel Geld in unqualifiziertes Personal zu verschwenden, investieren wir lieber viel Zeit und Geld in die Aus- und Weiterbildung unserer eigenen Mitarbeitenden. Wir greifen da auf das vorhandene Know-how unserer eigenen Spezialisten zurück und nutzen den Multiplikatoreffekt. Wenn wir jemanden in unseren Teams identifizieren, der besonderes Know-how mitbringt, zum Beispiel im Brandschutz, im nachhaltigen oder im barrierefreien Bauen, fördern wir dessen Qualifikation und fordern aber zugleich die Weitergabe des Wissens in die Teams. Im Team ist das dann die Aufgabe des Projekt- oder Teamleiters, dafür zu sorgen, dass alle Kolleginnen und Kollegen auf dem gleichen Wissensstand sind. Übergeordnet organisieren wir die Qualifikationen in Workshops, wie zum Beispiel zum Thema ESG, aber auch in Video-Tutorials, die wir selbst produzieren und auf einer eigenen Plattform, dem Learning-Center hma, unseren Mitarbeitenden zur Verfügung stellen. Das sind im Schnitt zehnminütige Clips, die man bequem auch daheim anschauen kann. Die regelmäßige Nutzung dieses Angebots ist uns sehr wichtig, weil wir nur mit gut handhabbaren Tools ein hohes Maß an Qualifizierung bei unseren Mitarbeitenden erreichen. Umgekehrt fließen aber auch Ideen und Verbesserungsvorschläge aus den Teams und den Standorten zurück in unser Qualitätsmanagement. Das ist ein rekursiver Prozess, der viel Aufwand erfordert. Der ist aber notwendig, um die Qualität und den Gesamtaufwand im Projekt und im Unternehmen im Griff zu haben.

Vielen Dank für diese interessanten Einblicke!


Detlev Reichelt, Jahrgang 1966, arbeitet seit über 30 Jahren als Architekt. Nach früher Selbstständigkeit durchlief der Bayer unterschiedliche Positionen bis zum Büroleiter in bekannten Büros in München und bearbeitete deutschlandweit Projekte. Seit 2016 ist er Büro- und Teamleiter in der Münchner Dependance von holger meyer architektur.

 

Büro-, Team- und Projektleiter der Münchner Projekte – klingt nach einer umfassenden Aufgabe. Wie kam’s?
Detlev Reichelt (DR): Gregor Gutscher hat mich damals angerufen. Wir kannten uns noch von unserer gemeinsamen Zeit bei KSP. Er fragte mich, ob ich nicht ab und zu im Sinne einer Bauleitung auf den Ausbau einer Mietfläche schauen könnte. Damals war ich noch als freiberuflicher Architekt tätig. Nach Fertigstellung boten Holger und Gregor mir an, in der leeren Bürofläche zu bleiben und dort für sie den Standort München aufzubauen. Das fand ich spannend und habe die Chance ergriffen, die sich mir da bot. Natürlich war uns allen damals auch klar, dass es ganz schnell wieder vorbei sein kann. Aber die Miete war niedrig und Projekte waren ausreichend da. hma arbeitet von Frankfurt aus überregional.

Was macht den Standort München so besonders, dass es sogar ein eigenes Büro dort gibt?
DR: Die nach wie vor gute Auftragslage von 2016 bis heute, somit ein guter Grund, vor Ort zu agieren. Das Pendeln von Frankfurt nach München ist wegen der Entfernung einfach zu aufwendig. Das bestätigt die eigene Erfahrung aus dem ersten Münchner Projekt: Das wurde wöchentlich in Frankfurt besprochen. Somit hieß es einmal die Woche morgens hin, vier Stunden Termin, abends zurück – nicht sehr effektiv. Besonders wichtig aber ist, und da komme ich ins Spiel, die Behörden hier freuen sich über einen „bayerischen“ Ansprechpartner. Das geht schon auch anders, aber so geht’s halt oftmals besser und schneller.

Wie man unschwer erkennen kann. Wie lief das dann an?
DR: Mit sehr viel persönlichem Einsatz. Ich habe kontinuierlich ordentliche Leistung gebracht, Verantwortung übernommen und auch bei Rückschlägen nicht resigniert. Das kannte ich ja aus meiner Zeit als freischaffender Architekt. Wichtig war es für mich, dabei immer auf Sicht zu fahren, maximale Konzentration, den Blick voraus, damit man schon früh sieht, was kommen wird, um wirklich böse Fehler zu vermeiden. Das 4-Augen-Prinzip, besser noch 6-Augen-Prinzip, hilft da bis heute. Mittlerweile teile ich meine Verantwortung für den Standort mit meinem Kollegen Alex Dömming, das sorgt für Entlastung und für mehr Konzentration auf das Wesentliche. Und last, but not least: gute Laune behalten, auch mal zusammen feiern, das ist wichtig.

Welche Rolle spielen die Kollegen aus FFM? Wie ist die Zusammenarbeit zwischen den Standorten?
DR: Wenn die Akquise in Frankfurt nicht so erfolgreich das Münchner Büro mit Aufträgen versorgt hätte, dann wären wir niemals so schnell gewachsen. Das verdanken wir unseren Kollegen Gregor, Raimund und dem gesamten Wettbewerbsteam. Die langjährige Vernetzung von Gregor durch sein Wirken in Münchner Büros ist zudem auch ein großer Vorteil in der Auftragsbeschaffung. Nachdem wir erst mal als Gallisches Dorf gestartet sind, arbeiten wir jetzt als Satellit zunehmend vernetzter an den Projekten. Da hat die Pandemie uns schnell vorangebracht, weil ja zeitweise kein persönlicher Austausch mehr möglich war. Die Zusammenarbeit am 3D-Modell mit definierten Schnittstellen der Planungen ermöglicht auch ein projektübergreifendes Controlling, das wir gerade unternehmensweit integrieren. Da sind wir jetzt ein gutes Stück näher an Frankfurt dran. Allerdings ersetzt das nicht den persönlichen Austausch und die direkte Zusammenarbeit. Der Beruf des Architekten braucht die Skizzenrolle und den Zeichenstift, um kreativ arbeiten zu können. Nicht alles geht gut über Teams.

Wie seid ihr denn gestartet?
DR: Angefangen haben wir auf Pappkartons sitzend mit zwei Großprojekten und einem wöchentlichen Jour fixe in Frankfurt. Nach der ersten Konsolidierung und dem Gefühl „jetzt passt es zu sechst“ kamen dank der Frankfurter Kollegen sehr schnell weitere Wettbewerbserfolge in Freiburg und München. Und so waren wir schon wieder auf der Suche nach neuen Kollegen. In unserem ersten Büro, einem kleinen Atelierhaus in einem Hinterhof in der Goethestr. 49 a neben dem schönen kleinen Biergarten Mariandl, sind wir dann sehr progressiv auf zwölf Mitarbeiter gewachsen und haben teilweise an 1,40 Meter breiten Tischen unsere Projekte abgewickelt. 2019 sind wir dann nach langer Suche auf eine tolle Bürofläche am Kaiser-Ludwig-Platz gestoßen und nach einigen Schreinerarbeiten freudestrahlend eingezogen.

Was zeichnet Dein Münchner Team aus?
DR: Wir haben eine ziemlich familiäre Atmosphäre, es herrschen großer Teamgeist und Hilfsbereitschaft. Dazu kommt die hohe Einsatzbereitschaft. Die Größe des Büros erlaubt kurze Wege in der Kommunikation und man findet bei Problemen immer offene Türen und einen Ansprechpartner. Herausfordernd ist der kontinuierliche Aufbau von Mitarbeitern im Projektalltag. Da haben wir aber hier bei hma gute Strukturen, die wir nutzen können. Einige „Senioren“ im Team bringen dazu die jungen Neuen mit Geduld und Erfahrung gut weiter.


„UNSERE SIEBEN GROSSEN MÜNCHNER PROJEKTE SIND IM STADTBILD WAHRNEHMBAR – WIR ERFAHREN ZUM ERSTEN MAL ÖFFENTLICH POSITIVE RESONANZ“

DETLEV REICHELT


Wie laufen Eure Projekte und wie ist zurzeit die Lage im Münchner Markt?
DR: Aktuell sind unsere sieben großen Münchner Projekte im Stadtbild wahrnehmbar und wir erfahren zum ersten Mal von der Öffentlichkeit positive Resonanz (Publikumspreis Macherei, Architektouren Easy Pasing). Das fühlt sich natürlich richtig gut an, jetzt Anerkennung für die viele Arbeit zu bekommen, und das im verwöhnten München. Es zeichnete sich schon vor einigen Jahren ab, dass Entwicklungen von neuen Projekten aufgrund des Grundstückmangels immer schwieriger werden. Die verschärften Förderbedingungen der Stadt München bringen sogar die selbstbewussten Genossenschaften in Bedrängnis, da die geforderten niedrigen Mieten in Verbindung mit den hohen Bau- und Finanzierungskosten rechnerisch nicht mehr dargestellt werden können. Als Wohnbauprojekt läuft bei uns zurzeit nur noch das Projekt „Hoch der Isar“, das sich der Fertigstellung nähert. Zukünftige innovative Gebiete wie das Kreativquartier oder das bekannte Werksviertel sind reif für die Bebauung. Angrenzend an das Werksviertel sind wir aktuell mit dem Beat und dem Soul mit zwei großen Büroprojekten beschäftigt. Im Markt sind momentan Revitalisierungen und Konversionen wie zum Beispiel das alte Betonwerk in Obersendling mit der genialen Zwischennutzung „Sugar Mountain“ im Trend, wo ganze Quartiere neu erfunden werden. Da haben wir natürlich genug Expertise aus unseren eigenen Projekten. Im Innovationsquartier TIP in Taufkirchen arbeiten wir zurzeit an einem großen inspirierenden Bestandsprojekt, dort werden seit 15 Jahren leerstehende Gebäude zu neuem Leben erweckt.

Wie sieht eure Zukunft in München aus?
DR: Jetzt sind wir bei rund 17 Mitarbeitern angekommen, es gibt noch etwas Luft nach oben. Aufgrund von Pandemie und Krise stagniert der Fortschritt natürlich gerade etwas und wir sind vielleicht auch ein wenig froh, dass es nicht in diesem Tempo  weitergeht und wir uns konsolidieren können.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!


Patricia Manea, Jahrgang 1989, studierte Architektur und Betriebswirtschaft in ihrer Heimatstadt Bukarest. Nach Abschluss ihres Architekturstudiums 2014 zog es die junge Rumänin nach Deutschland zu holger meyer architektur. Seit 2017 leitet sie unser Büro in Bukarest, an dessen Gründung und Konzeption sie maßgeblich mitgewirkt hat. Außerdem ist sie für eines unserer aktuell größten Projekte, den Börsenplatz Eschborn, als Projektleiterin verantwortlich.

 

2014 Abschlüsse in Architektur und BWL, im selben Jahr von Bukarest nach Frankfurt gezogen und bei holger meyer ins Berufsleben gestartet, 2017 die Gründung eines Büros in Bukarest für holger meyer – das klingt nach klar definierten Zielen.
Patricia Manea (PM): Ich bin da sicher ein eher entschlossener Typ. Ich wollte schon immer unabhängig sein, für mich selbst Verantwortung übernehmen, selbstständig sein. Außerdem war es Zeit für eine Veränderung in meinem Leben. So beschloss ich, direkt nach Abschluss meines Architekturstudiums, meine Heimat zu verlassen. Ich war jung, wollte kreativ sein, das, was ich bis dahin gelernt hatte, anwenden und dabei erfolgreich sein. Ich liebe meine Heimatstadt Bukarest, dort lebt meine Familie, da bin ich aufgewachsen. Aber ich habe auch keine Angst vor dem
Unbekannten und größeren Herausforderungen. Nach meinem Gespräch mit MSM, wie das Büro zuvor hieß, packte ich meine Koffer, flog ohne große Vorbereitungen einfach nach Frankfurt und die Dinge fügten sich. Wenn man etwas erreichen will, öffnen sich Türen und der Weg wird erkennbar.

Wie kam es dann zu der Idee mit dem Büro in Bukarest?
PM: Meiner Heimat etwas von dem, was sie mir ermöglicht hat, zurückzugeben, darin sehe ich eine Art moralische Pflicht. Als Architektin wollte ich in Bukarest Projekte planen und so zur Stadtentwicklung beitragen. Bald nach meinem Start bei MSM entwickelte ich die Idee für einen neuen Bürostandort in Rumänien. Ich überzeugte die Geschäftsleitung mit einem detaillierten Businessplan. 2017 starteten wir dann von null. Ich kümmerte mich vor Ort um alles: Anmeldung des Gewerbes, Büroflächen suchen, Mitarbeiter einstellen – die komplette Administration. Aber ich kenne mich dort ja gut aus, spreche die Sprache und kenne die Bürokratie. Das, was ich noch nicht wusste, lernte ich schnell.

Ich reiste ein- bis zweimal im Monat nach Bukarest, um das wachsende Team dort zu koordinieren. Wir wuchsen aufgrund der guten Auftragslage in Deutschland sehr schnell. Die Neubautätigkeiten in Rumänien waren aufgrund des Baufachkräftemangels dort eher gering, der Arbeitsmarkt war überschaubar. Dagegen herrschte in Deutschland eine große Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften. So wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bukarester Büros in deutsche Projekte integriert.

Wie habt ihr diese Integration hinbekommen? Gibt es Unterschiede in den Abläufen der Planung, dem Baurecht und der Arbeitsweise?
PM: Ja, klar. Zunächst mussten wir unsere Bukarester Kollegen in den deutschen Planungsstandards schulen. Wir bearbeiten in Bukarest die LPH 2-5. Ein Vorteil war, dass die Planungssoftware, die wir bei uns benutzen, in Rumänien sehr verbreitet ist. So konnten wir uns bei den Schulungen auf die wichtigen Dinge konzentrieren. Das war noch vor Corona. Werkzeuge wie „Teams“ nutzten wir da noch nicht, also investierten wir viel Zeit und Geld in die Ausbildung in Bukarest, aber auch in Frankfurt, wo die neuen Kolleginnen und Kollegen die grundlegenden Einführungen erhalten haben. Neben gemeinsamen Weihnachtsfeiern und Sommerfesten war das auch eine gute Gelegenheit, sich mit dem Team in Deutschland zu vernetzen.

Und dann kam Corona ...
PM: Die Pandemie hat am Anfang alles auf den Kopf gestellt. Wir konnten dank unserer guten Ausstattung aber sehr schnell auf Remote Work umstellen. Mit der Einführung von „Teams“ wurde die Zusammenarbeit ganz neu und sehr direkt aufgesetzt. Mit den dann eingeführten Online-Lern-Tools von hma gelingt die Integration in die Projektteams in Frankfurt und München umso einfacher. Außerdem haben wir mittlerweile in Bukarest erfahrene Mitarbeitende, die bei der Ausbildung der Neuen ein fester Bestandteil sind.

Wie ist denn das Bukarester Büro organisiert?
PM: Sehr horizontal. Ich kümmere mich um alles Organisatorische, die Administration und das Personal. Mein Team arbeitet nach Bedarf in den Projekten der deutschen Büros mit. Da wir insgesamt international aufgestellt sind, sprechen wir in Meetings englisch. Die jeweiligen Projektleiter sind für die Integration, sowie die Aus- und Weiterbildung der Bukarester Kolleginnen und Kollegen verantwortlich.

Und wie seid ihr in die Projekte integriert?
PM: Die Integration in die Projekte erfolgt direkt bei der Kapazitätsplanung. Alle zwei Wochen finden Besprechungen mit Projektleitern und Mitarbeitenden aus Frankfurt und Bukarest statt. Dort wird präsentiert, woran man in den Wochen zuvor gearbeitet hat – wie ein 360-Grad-Feedback. Das führt die unerfahreneren Mitarbeiter gut an die Entwurfs- und Planungsphilosophie von hma heran. Während der Projektarbeit tauscht sich das Team natürlich täglich untereinander aus.

„MAN KANN NICHT ERST DANN ETWAS BEGINNEN, WENN MAN ALLES WEISS.“

PATRICIA MANEA


Du verantwortest als Projektleiterin auch eines der größten und komplexesten zurzeit laufenden Projekte bei hma, den Börsenplatz Eschborn.
PM: Ja, das ist mein Baby. Ich bin seit dem Projektstart 2017 mit dabei und habe die unterschiedlichen Phasen, die das Projekt durchlaufen hat, miterlebt. Viele unterschiedliche Konzepte für unterschiedliche Mieter – aber die eigentliche Idee, dem Bürostandort Eschborn durch ein Multi-Use-Gebäude mit einem öffentlich zugänglichen Platz im Zentrum eine neue belebte Mitte zu geben, blieb bis heute bestehen. Das Projekt ist technisch sehr komplex, wir planen es als Effizienzhaus 40 – das sind extrem hohe Anforderungen, die viel Abstimmungen und Know-how erfordern. In dem Projekt ist vieles neu für uns, den Bauherrn, die Fachplaner und natürlich auch für mich als Projektleiterin.

Wie organisierst Du Dich jetzt?
PM: Das war anfangs nicht so einfach – plötzlich hatte ich ein großes Planungsteam in Frankfurt zusätzlich zu dem zehnköpfigen Team in Bukarest zu leiten. Außerdem liefen zu dem Zeitpunkt im Projekt drei Phasen parallel. So war der Projektalltag am Anfang eher hektisch und sehr arbeitsreich. Mir kam aber zugute, dass ich von Anfang an daran mitgearbeitet hatte. Ich habe selbst viel gezeichnet und hatte daher einen guten Gesamtüberblick bis hin zu kleinsten Details. Für einen Projektleiter, der ein Projekt irgendwann aus der Akquise übernimmt, eher untypisch.
Ich kannte mich also aus und behielt den Überblick – im Team, bei den Fachplanern und beim Bauherrn. Das wirkte sich auf die ganze Projektarbeit aus. Mittlerweile sind wir in ruhigeren Gewässern und auf einem guten Weg.

Was möchtest Du noch erreichen?
PM: Mein Traum von eigenen Projekten in Bukarest war mit der Pandemie erst einmal in weite Ferne gerückt, da ich nur noch selten nach Bukarest reisen konnte. Wenn man nicht persönlich als Ansprechpartner vor Ort ist, lassen sich Projekte nicht wirklich anschieben. Aber eines Tages möchte ich Projekte in meiner Heimatstadt planen und ihr etwas von dem zurückgeben, was sie mir gegeben hat. Und damit auch einen Beitrag zur internationalen Positionierung von hma leisten.

Vielen Dank für den interessanten Einblick in Deine Arbeitswelt!